Freitag, 31. August 2012

Historische Friedenskirchen


Historische Friedenskirchen

Es ist kennzeichnend für die vielen  kirchlichen Randgruppen, dass sie ihre Lehre und Rituale unabhängig und oft im Widerspruch zu den Großkirchen entwickelten. Manche haben auch alle Kriegs verurteilt und sich geweigert, Kriegsdienst zu leisten.Sie gelten heute als die historischen Friedenskirchen.
In der Reformationszeit gehören dazu diejenigen unter den Täufern, die sich strikt zur Gewaltlosigkeit bekannten, zum Beispiel Michael Sattler, der unter Berufung auf Jesus und das Neue Testament jeden Krieg verurteilte  und sagte, Christen dürften ihre Mitmenschen nicht töten. Er wurde1527 nach einem Urteilsspruch der Römischen Kirche in Rottenburg grausam gefoltert und hingerichtet.  Seine Frau wurde im Neckar ertränkt...

Auch für die Kirchen der Reformation gilt, dass sie die pazifistischen Christen als Schwärmer und Ketzer betrachteten und ihre Kirchengemeinschaften verurteilten.  Luther wollte die „Ketzer“ zwar nicht mit dem Feuer, sondern mit dem Wort überwinden. Es ist aber auch nicht bekannt, dass er Einspruch erhob, als sein enger Mitarbeiter Philipp Melanchthon „harte Strafen“ forderte Dazu gehörte auch die Todesstrafe für hartnäckige Wiedertäufer. 

 Aus der Täuferbewegung gingen die Mennoniten hervor, die wie die Quäker und andere Freikirchen zu den historischen Friedenskirchen gerechnet werden.

Was hindert die großen Kirchen, Friedenskirchen zu sein?




Es gibt keine Nation, die auf militärische Macht verzichtet. Alle haben ihre Armeen, ihre Soldaten, die für den Krieg ausgebildet werden.Will die Kirche vom Staat anerkannt und privilegiert werden, muss sie Kriege rechtfertigen, ja es den Christen zur Pflicht machen, ihren Beitrag dazu zu leistenWird es immer so bleiben?

Im 20. Jahrhundert und zu Beginn des 21. Jahrhunderts gibt es Vorgänge, die zu der Hoffnung berechtigen, dass die christliche Kirche ihre Bestimmung erkennt, Friedenskirche in und für die Welt zu sein.







Der Internationale Versöhnungsbund







 Im 20. Jahrhundert und zu Beginn des 21. Jahrhunderts gibt es Vorgänge, die zu der Hoffnung berechtigen, dass die christliche Kirche ihre Bestimmung erkennt, Friedenskirche in und für die Welt zu sein.
Zum Beiapiel:

Der Versöhnungsbund

Der Versöhnungsbund ging aus dem Weltbund für Freundschaftsarbeit der Kirchen hervor. Von 1.-3. August 1914 versammelten sich 90 Delegierte von Kirchen aus zwölf verschiedenen Ländern in Konstanz, die sich vergeblich bemühten, einen Beitrag zur Verhinderung des drohenden Krieges zu leisten.

Heute besteht der Internationale Versöhnungsbund als Zusammenschluss von über 40 nationalen Zweigen. Kennzeichnend für ihn ist die Unabhängigkeit von den großen Kirchen und die Zusammenarbeit mit allen Menschen, die sich im Geist der Bergpredigt für die Überwindung des Krieges und einen gerechten Frieden unter den Völkern einsetzen.



Ökumenischer Rat der Kirchen






Im 20. Jahrhundert und zu Beginn des 21. Jahrhunderts gibt es Vorgänge, die zu der Hoffnung berechtigen, dass die christliche Kirche ihre Bestimmung erkennt, Friedenskirche in und für die Welt zu sein.
Zum Beispiel:

Der  Ökumenische Rat der Kirchen

Dietrich Bonhoeffer hatte erklärt, dass nur die eine christliche Kirche der Welt den Frieden bringen könne. Das war 1934. Statt des erhofften Friedens begann 1939 der Zweite Weltkrieg. Das war ein unüberhörbares Signal für die Kirchen, von der Rechtfertigung der Kriege umzukehren und der Beteiligung von Christen an Kriegen den Abschied zu geben.

Es war diese Erkenntnis, die vor allem anderen zur Gründung des Ökumenischen Rates der Kirchen (auch Weltkirchenrat) im August 1948 in Amsterdam führte. So ist es auch nicht erstaunlich, dass bei dieser ersten Vollversammlung des Ökumenischen Rates der Kirchen auch der Satz formuliert wurde: Krieg soll nach Gottes Willen nicht sein. Wenn heute von Amsterdam 1948 die Rede ist, wird wieder und wieder dieser Satz zitiert. Er ist als zentrale Aussage dieser Weltversammlung im Gedächtnis geblieben.

In den weiteren Vollversammlungen des Ökumenischen Rates der Kirchen, die im Abstand von 6-8 Jahren stattfinden, ringen die Kirchen zunächst um ihr Wesen und ihren Auftrag, wobei die Frage nach der Einheit der Kirche zunächst im Vordergrund stan..


Im Lauf der Jahrzehnte ringen die Vollversammlungen zunehmend um die politischen Weltprobleme.


Zu den Themen in Uppsala (1968) gehören:
- wirtschaftlich-soziale Weiterentwicklung
- auf dem Weg zu Gerechtigkeit und Frieden in internationalen Angelegenheiten.

In Nairobi (1975) geht es auch um die Strukturen der Ungerechtigkeit und den Kampf um Befreiung. In einem Appell an die die Kirchen heißt es:
„Die Kirche sollte ihre Bereitschaft betonen, ohne den Schutz von Waffen zu leben, und bedeutsame Initiativen ergreifen, um auf eine wirksame Abrüstung zu drängen.“ Daraus ist in den Jahren 1977/1978 die Ökumenische Aktion für Frieden und Gerechtigkeit Ohne Rüstung Leben hervorgegangen. Die Selbstverpflichtung dieser Aktion lautet: „Ich bin bereit, ohne den Schutz militärischer Rüstung zu leben. Ich will in unserem Staat dafür eintreten, dass Frieden ohne Waffen politisch entwickelt wird.“

Über der Vollversammlung in Vancouver (1983) stehen die dunklen Wolken der nuklearen Bedrohung und des Neo-Kolonialismus.
Zu den Themen gehören:
- Den Bedrohungen des Friedens und Überlebens begegnen
- Für Gerechtigkeit und Menschenwürde kämpfen
Die Delegation der DDR- Kirche bringt die Forderung nach Gerechtigkeit, Frieden und die Bewahrung der Schöpfung in die Vollversammlung ein. Diese Formulierung wird forthin zu einem Leitmotiv des konziliaren Prozesses.

Die Vollversammlung in Canberra (1991) steht unter dem Gesamtthema: “Komm Heiliger Geist und erneure die ganze Schöpfung.“

Am Schluss der Vollversammlung in Harare (1998) werden die Kirchen zu einer Dekade zur Überwindung von Gewalt 2001-2010 aufgerufen.

Die neunte Vollversammlung in Porto Alegre (2006) steht unter dem Gesamtthema:
"In deiner Gnade, Gott, verwandle die Welt."

DasThema der nächsten Vollversammlung in Busan (2013) ist auch eine Frucht der Dekade zur Überwindung von Gewalt 2001-2010. Es lautet:
"Gott des Lebens weise uns den Weg zu Gerechtigkeit und Frieden."

Dazwischen finden im Rahmen des konziliaren Prozesses auch Europäische Ökumenische Versammlungen statt: 1989 in Basel, 1997 in Graz, 2007 in Sibiu (Hermannstadt).

Auf dem Kirchentag in Düsseldorf setzt sich Carl Friedrich v. Weizsäcker für die Idee eines „Friedenskonzils der Kirchen" ein und ruft zu einer weltweiten Ökumenischen Versammlung auf, die in Seoul 1990 zustande kommt. Dort werden zehn Grundüberzeugungen zu Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung formuliert und veröffentlicht.

Die „Dekade zur Überwindung von Gewalt 2001-2010“ wird ausgewertet bei der Internationalen Ökumenischen Friedenskonvokation in Kingston  2011, an der rund 1000 Delegierte aus den Kirchen weltweit teilnehmen. Die Konvokation beschäftigt sich mit folgenden Themen:
- Friede in der Gemeinschaft
- Friede mit der Erde
-Friede in der Wirtschaft
-Friede zwischen den Völkern.

Die gewaltlose Revolution 1989







In den achtziger Jahren des letzten Jahrhunderts standen an der deutschen Grenze die Sowjetunion und die Atommächte des Westens mit ihren Atomraketen einander gegenüber, entschlossen, bei jedem Zeichen eines bevorstehenden Angriffs zurückzuschlagen. Aus der tödlichen Bedrohung eines Dritten Weltkriegs mit Atomwaffen wurde am Ende eine gewaltlose Revolution, in der in Deutschland kein einziger Mensch ums Leben kam.

Wie kam es zu dieser Entwicklung, die der kühnste Optimist nicht für möglich gehalten hätte? Warum wurde die Demonstration der 70 000 am 9. Oktober 1989 in Leipzig nicht niedergeschlagen, obwohl alle Vorkehrungen dafür getroffen waren? Tatsache ist jedenfalls, dass die Demonstration völlig gewaltlos verlief, dass kein Stein geworfen, keine Polizist angegriffen wurde, weil alle, die sich an der Demonstration beteiligten, die Aufforderung „Keine Gewalt!“ kannten und entschlossen waren , auf jede Form von Gewalt zu verzichten. Und wie kam es zu dieser Aufforderung? Die kleinen Kirchen in der DDR hatten gelernt, sich gegen die Unterdrückung ohne jede Gewalt zu behaupten. In vielen Friedensgebeten fassten die Menschen Mut zum gewaltlosen Widerstand. Die Demonstration der 70 000 in Leipzig begann am Ende des Montagsgebets in der Nikolaikirche. Es kann nicht anders gewesen sein: der Geist dieser Gebete erfasste auch die vielen Teilnehmenden an der Demonstration, die sich der Kirche völlig entfremdet hatten. Der Mut und die Entschlossenheit so vieler unbewaffneter Menschen, auf jede Gewalt zu verzichten, lähmte die Soldaten und Polizisten, die Gewehr bei Fuß standen, und ihre Befehlshaber. Das war ein entscheidender Sieg der gewaltlosen Revolution, der am 9. November 1989 zum Fall der Berliner Mauer führte.

Pfarrer Christian Führer von der Nikolaikirche vertritt die Überzeugung, dass nicht Thron und Altar zusammengehören, wie es in den Großkirche seit dem Kaiser Konstantin gehalten wurde, sondern Altar und Straße, nämlich die Verkündigung des Evangeliums in der Welt ohne absolute Abhängigkeit von den staatlichen Mächten.Auch dies ist ein Aufbruch zur Friedenskirche.

Die Landeskirche in Baden setzt sich für eine neue Friedensethik ein





Der Kirchenbezirk Breisgau-Hochschwarzwald macht eine Eingabe an die Kirchenleitung in Karlsruhe,  in der „eine Neuorientierung der evangelischen Friedensethik an den biblischen Kernaussagen des christlichen Glaubens“ gefordert wird.  Die Kirchenleitung nimmt die Eingabe ernst und beruft eine Arbeitsgruppe, die den Entwurf eines Positionspapiers zur Friedensethik erstellt. Dieser wird zusammen mit einer Stellungnahme der Evangelischen Militärseelsorge bis Ende April 2013 von den Bezirkssynoden diskutiert. Die Ergebnisse dieser landeskirchenweiten Diskussionen werden der Landessynode übermittelt. Im Juni 2013 wird dann die Landessynode einen Studientag zur Friedensethik durchführen und in der Herbstsynode 2013 einen entsprechenden Beschluss fassen.
Bisher hat die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) verbal den Vorrang der Friedensarbeit vor dem militärischen Eingreifen betont. Zugleich hat sie wie alle Großkirchen immer daran festgehalten,  dass  es im „äußersten Fall“ doch zum Einsatz militärischer Gewalt kommen kann.
Allein, dass sich  fast alle Bezirkssynoden  mit  dem Positionspapier  der Badischem Landeskirche befasst  haben, ist
in meinen Augen ein großer Forrtschritt auf dem Weg zu einer Friedenskirche..